Rosemarie Tietze mit Staatsminister Bernd Sibler, Foto: Andreas Gebert

Rosemarie Tietze mit Staatsminister Bernd Sibler, Foto: Andreas Gebert

Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst verleiht seit dem Jahr 2000 die Auszeichnung „Pro meritis scientiae et litterarum“ an herausragende Persönlichkeiten für deren Verdienste um Wissenschaft und Kunst. Ziel dieser Ehrung ist neben der Würdigung dieser Persönlichkeiten, Kultur als Einheit zu begreifen: Wissenschaft und Kunst sollen als zwei Seiten derselben Medaille wahrgenommen werden. Pro Jahr werden grundsätzlich nur bis zu acht Auszeichnungen vergeben.

„Sie sind eine der herausragenden Übersetzerinnen-Persönlichkeiten im deutsch­sprachigen Raum. Ihre Übersetzungen zeitgenössischer und klassischer russischer Literatur haben Maßstäbe gesetzt. Sie sind eine herausragende Persönlichkeit des literarischen Lebens der Bundesrepublik Deutschland“, betonte Sibler Mitte Juli 2021 in seiner Laudatio für Rosemarie Tietze. „Mit Ihnen zeichnet das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zum ersten Mal eine Vertreterin der Übersetzerzunft aus, ohne die uns der weitaus größte Teil der Weltliteratur verschlossen bliebe.“

Die Reihe der von Tietze übersetzten Werke wie die damit verbundenen Namen russischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller ist lang und beeindruckend: Darin finden sich neben Werken von Fjodor Dostojewskij und Andrei Tarkowski Dramen von Vladimir Nabokov oder die hochgelobte Neuübertragung des Klassikers Anna Karenina von Lew Tolstoi von 2009. Der zentrale Autor von Tietzes Werkbiografie ist Andrej Bitow. Tietze habe sich „in einem über das Übersetzen weit hinausgehenden Maße für die Vermittlung russischer Literatur eingesetzt“, sagte Sibler. Manche Autoren und Texte entdeckte Tietze bereits zur Zeit der Sowjetunion, aber auch in jüngerer Zeit überhaupt erst neu und empfahl deutschen Verlagen viele Übersetzungen mit Geduld und Beharrlichkeit erfolgreich. Darüber hinaus verfasste sie zahlreiche Aufsätze, Rezensionen und Rundfunksendungen zur russischen Literatur, und hielt Seminare, Lesungen, Vorträge ab.

Ganz besonders würdigte Sibler Tietzes mit Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft erreichte Verdienste um die allgemeine Verbesserung der Übersetzungskultur in der Bundesrepublik. Als die folgenreichste von vielfältigen Aktivitäten, nicht zuletzt zur Förderung des Übersetzernachwuchses, hob er in diesem Zusammenhang Tietzes langjährige Tätigkeit als Prä­sidentin des von ihr mitbegründeten Deutschen Übersetzerfonds, der ersten bundesweiten Förderinstitution für Übersetzer, hervor: „Wenn heute Übersetzerstipendien vergeben werden oder die Übersetzerin, der Übersetzer in Publikationen und Rezensionen genannt oder auch prominent her­vor­ge­­hoben werden, wenn die literarische Übersetzung in der Kunstförderung mitgedacht wird, dann ist das zum großen Teil Ihr Verdienst.“

(3.8.2021)