Literaturübersetzer fordern gerichtlich Schlichtungsverfahren ein – Verleger treten mit tendenziösem Gutachten an die Öffentlichkeit

Die im VdÜ/Bundessparte Übersetzer organisierten Literaturübersetzer haben das Kammergericht Berlin angerufen, um feststellen zu lassen, dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels bzw. die zum Zwecke von Verhandlungen gegründeten Verlegervereinigungen verpflichtet sind, sich auf ein Schlichtungsverfahren einzulassen. Die Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln waren zuvor gescheitert, seitdem bestreitet die Verlegerseite ihr Mandat für ein Schlichtungsverfahren nach dem neuen Urheberrechtsgesetz.
Parallel zur Anrufung des Gerichts haben die Übersetzer die Verlage Random House, Rowohlt und Campus zu separaten Verhandlungen über Vergütungsregeln aufgefordert.

Die Literaturübersetzer sehen in der Weigerung der Verlegerseite, sich auf das gesetzlich vorgesehene Schlichtungsverfahren einzulassen, den Versuch, das neue Urheberrecht zu boykottieren. Sie hatten die Verlegervereinigungen und bisherigen Verhandlungspartner zu Gesprächen über die Zusammensetzung einer Schlichtungsstelle aufgefordert, dem haben sich die Vereinigungen vorerst durch Auflösung entzogen.
Unterdessen hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ein Gutachten in Auftrag gegeben (Prof. Homburg, Univ. Mannheim) und veröffentlicht, das der VdÜ/Bundessparte Übersetzer als irreführend und methodologisch fragwürdig kritisiert. Es prüft keinerlei mögliche Lösungsansätze für die bislang unbestrittene Problematik unangemessener und zu niedriger Vergütungen, sondern versucht lediglich die immer wieder vorgetragene Drohung zu untermauern, selbst eine geringfügige Anhebung der Übersetzervergütung werde zu einem Verlagssterben führen.

Eines aber belegen auch die von den Verlegern vorgelegten Zahlen eindrucksvoll: Die Übersetzer subventionieren durch die ihnen aufgezwungene niedrige Honorierung seit Jahrzehnten den Literaturbetrieb und bewegen sich damit am unteren Rand der Einkommensskala. Wollte ein Übersetzer Einkünfte erreichen, die mit dem eines angestellten Verlagslektors vergleichbar sind, müsste er nach den vom Gutachter bei Verlagen ermittelten Vergütungssätzen 250 bis 350 Stunden im Monat reine Übersetzungsarbeit leisten - neben allen anderen Tätigkeiten, ohne die eine freiberufliche Arbeit nicht zu organisieren ist.

VdÜ Pressestelle
Gabriele Gockel
Thomas Wollermann