Literaturübersetzer legen Vorschlag für gemeinsame Vergütungsregeln vor

Mit Inkrafttreten des neuen Urhebervertragsrechts am 1. Juli haben Schriftsteller und Literaturübersetzer ihre Vorschläge für gemeinsame Vergütungsregeln vorgelegt. Als wesentliche Neuerung ermöglicht es das Gesetz den Verwertern und Urhebern bzw. ihren Verbänden, Vereinbarungen über die „angemessene Vergütung“ auszuhandeln, die dem Urheber für die Nutzung seines Werks zusteht. Der Gesetzgeber erwartet, dass es zum Abschluss solcher Vereinbarungen kommt, die künftig für die Vertragspartner und die Gerichte bindend sind.

Der Verband deutscher Schriftsteller (VS) sowie die Bundessparte Übersetzer im VS fordern den Verlegerausschuss des Börsenvereins nunmehr auf, in Verhandlungen einzutreten.

Die Übersetzer erwarten grundlegende Verbesserungen gegenüber der bisher üblichen Praxis. Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber die Notwendigkeit der Reform unter anderem mit der Situation der Literaturübersetzer begründet. Derzeit erhalten sie in der Regel ein Honorar, das einem Monatseinkommen von rund 1000 € entspricht.

Als angemessene Vergütung im Sinne des Gesetzes, die es ihnen ermöglicht, von den Einkünften ihrer anspruchsvollen Tätigkeit zu leben, betrachten die Übersetzer mindestens eine Verdreifachung des gegenwärtig üblichen Honorars. Die Berechtigung dieser Forderung ist in den bisherigen Diskussionen im Übrigen auch von Verwerterseite nicht ernsthaft bestritten worden.

In den Verhandlungen wird es darum gehen, gemeinsam einen Weg zu finden, um dieses Ziel zu erreichen. Die Verlage werden künftig in ihren Kalkulationen berücksichtigen müssen, dass ein übersetztes Buch zweimal geschrieben wird und zwei Urheber hat.

„Wir haben bisher durch Honorarverzicht die immensen Vorschüsse subventioniert, die wegen überzogener Verkaufserwartungen häufig nicht gerechtfertigt sind. Hier wird sich etwas ändern müssen“, erklärte Thomas Brovot, 2. Vorsitzender des VdÜ, gestern in Berlin auf einer Pressekonferenz.

Fred Breinersdorfer, Vorsitzender des VS, appellierte bei gleicher Gelegenheit an die Verleger, ihre sozial- und kulturpolitische Verantwortung ernst zu nehmen. „Ich bin sicher, dass sich die Verleger bemühen werden, auf uns zuzugehen, nachdem sich der Pulverdampf der Debatte um das Urhebervertragsrecht nun verzogen hat“, fügte er hinzu.

Der von den Übersetzern vorgelegte Entwurf einer Vergütungsregel sieht in einer ersten Stufe vor:

  1. Die Angleichung der Seitenhonorare an die allgemeine Einkommensentwicklung - seit Jahrzehnten stagnieren die Honorare oder hinken der Entwicklung hinterher, mit der Folge erheblicher realer Einkommensverluste.
  2. Zusätzlich zu dieser Grundvergütung den Anteil an den Verkaufserlösen, der den Übersetzern als Urhebern neben dem Originalautor zusteht, aber bisher vorenthalten wurde.
  3. Einen angemessenen Anteil an den Erlösen bei Lizenzvergaben entsprechend dem Verteilungsschlüssel zwischen Originalautor und Verlag der deutschsprachigen Ausgabe. Dieser Urheberanteil wurde den Übersetzern bisher ebenfalls vorenthalten.

Im Einzelnen sieht der Entwurf einer Vergütungsregel in einer ersten Stufe als Mindeststandard vor:

  • Ein Seitenhonorar je nach Schwierigkeitsgrad des zu übersetzenden Textes von 22, 28 bzw. 34 €. Besonders anspruchsvolle Übersetzungen sind angemessen höher zu vergüten.
  • Eine Beteiligung an den verkauften Exemplaren in Höhe von 3 % des Nettoladenpreises.
  • Einen Anteil am Verlagserlös - nach Abzug der Vergütung für den Originalautor - aus der Vergabe von Lizenzen in Höhe von 60 % bei buchnahen Nebenrechten (Taschenbuchlizenz etc.) und 70 % bei buchfernen Nebenrechten (Hörspielbearbeitung etc.).

Die Verständigung auf angemessene Honorare in der vom Gesetzgeber erwarteten Vereinbarung zwischen den Verbänden schließt nicht aus, dass in einzelnen Verträgen höhere Honorare vereinbart werden.

Pressestelle VdÜ
Gabi Gockel, Thomas Wollermann