Banner der Weltempfänger-Bestenliste Sommer 2023; Graphik: Litprom

Der „Weltempfänger“ nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus aller Welt, um damit herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.

  • Eine Familie voller Traumata: Das sind die Vantas aus Suriname. Der familiäre Hautfarbenmix zeugt davon, wie sehr ehemalige Sklaven und Plantagenbesitzer längst miteinander verschmolzen sind. Oma Bee nennt sie daher „gebrochen-weiß“. Eine niederländisch-surinamische Familiensaga, die es in sich hat. Gebrochen-Weiß von Astrid H. Roemer. Aus dem Niederländischen von Bettina Bach.
  • Fünf Obdachlose werden in Delhi überfahren. Hinter dem Steuer: Ajay, Diener des schwerreichen Unternehmersohns Sunny. Ebenfalls am Unfallort: Sunny und die Journalistin Neda. Was ist passiert? Ein rauschhafter, mitreißender und faszinierender Blockbuster-Roman über Verbrechen, Väter, Hyperkapitalismus und das moderne Indien. Zeit der Schuld von Deepti Kapoor. Aus dem Englischen von Astrid Finke.
  • Schrill, farbenstark, lyrisch und sentimental. Einblicke in die Welt der Favelas: Márcia ist Krankenschwester in Rio de Janeiro. Eine Kämpferin, gestresst, doch mit großem Herzen. Als Drogenbanden und Militärpolizei ihr Leben aufmischen, nimmt sie ihre ganze Kraft zusammen – und fängt von vorne an. Weibliches Empowerment in starken Bildern. Hör nur, schöne Márcia von Marcello Quintanilha. Aus dem Portugiesischen von Lea Hübner.
  • Wo der Hauptfigur Verónica die Worte ausgehen, greift sie zum Zeichenstift. In Diagrammen analysiert sie ihre Beziehungen, die von Verlust und Abwesenheit geprägt sind. Ein kluges, kurzweiliges Buch, das auch über eine Generation junger Mexikaner:innen spricht, deren Eltern einst als Exilant:innen ins Land kamen. Leere Menge von Verónica Gerber. Aus dem Spanischen von Birgit Weilguny.
  • Beißend komisch und tieftraurig zugleich liefert Glory die afrikanische Variante von Farm der Tiere: eine bitterböse glänzende Satire über die jüngste post-wie neokoloniale Geschichte Simbabwes, in der Tiere statt Menschen sprechen und orale Erzähltradition auf Social-Media-Neusprech trifft. Glory von NoViolet Bulawayo. Aus dem Englischen von Jan Schönherr.
  • Almada erzählt ungemein dicht über Machismo und beengte Dorfgemeinschaft irgendwo in Argentinien: Drei Männer – breitbeinig, abgestützt, zurückgebeugt – angeln einen Rochen, hängen ihn an einen Baum, schmeißen ihn zurück – und was so sinnlos wie logisch erscheint, gleitet übergangslos ins Hyperrealistische. Kein Fluss von Selva Almada. Aus dem Spanischen von Christian Hansen.
  • Prekäre Verhältnisse: Taxifahrerin Damani fährt und führt uns zu denen, die die Metropole am Laufen halten, selbst aber kaum durchkommen. „Method Writing“, schnodderig erzählt und spitz dramatisiert. Eine queere Story mit globalem Touch, die hoch unterhaltsam auch von Rassismus und Klassismus erzählt. Dein Taxi ist da von Priya Guns. Aus dem Englischen von Mayela Gerhardt.

Die 59. Bestenliste steht bei Litprom als PDF zur Verfügung. Weitere Informationen zur Bestenliste gibt es auf der offiziellen Litprom-Webseite.

(9.6.2023)