Wenn wir einen literarischen Text übersetzen, entsteht ein urheberrechtlich geschütztes Werk, und das Urheberrecht liegt automatisch und unübertragbar bei uns. Wenn wir mit einem Verlag einen Übersetzungsvertrag schließen, übertragen wir ihm nicht das Urheberrecht, sondern räumen ihm exklusive Nutzungsrechte an unserer Übersetzung ein. Als Vergütung steht uns ein Normseitenhonorar und eine Beteiligung an Absatz- und Lizenzerlösen zu.

Irgendwann will oder kann der Verlag unsere Übersetzung womöglich nicht mehr verwerten. Dann kommt ein Rechterückruf in Betracht.

Wie erfahre ich, dass meine Übersetzung nicht mehr genutzt wird?

Im Normvertrag ist geregelt, dass der Verlag uns darüber informiert, wenn er unsere Übersetzung nicht weiter nutzt.

Wir sollten aber nicht auf eine offizielle Mitteilung des Verlags warten, sondern unsere Titel selbst im Blick behalten. Am besten nehmen wir uns dafür einen festen Termin im Jahr vor, um sämtliche Titel zu prüfen. Folgende Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass die Übersetzungsrechte nicht mehr verwertet werden:

  • keine Werbung auf der Verlagshomepage,
  • keine Nennung im Verzeichnis lieferbarer Bücher (https://www.buchhandel.de),
  • der Verlag verschickt für einen bestimmten Titel keine Abrechnungen mehr.

Warum sollte ich die Rechte zurückrufen?

Wenn wir einem Verlag exklusive Nutzungsrechte an unserer Übersetzung einräumen, verlieren wir die Kontrolle über diese Rechte und können mit unserem Werk nicht mehr verfahren, wie wir wollen. Zurückgerufene Rechte können wir hingegen wieder verwerten – sie können uns also noch einmal bares Geld einbringen.

Ohne die Rechte am Original können wir natürlich nicht viel anfangen. Doch es kommt hin und wieder vor, dass ein anderer Verlag ein vergriffenes Buch neu auflegen will. Liegen die Rechte an der Übersetzung dann noch beim ursprünglichen Verlag, wird die Übersetzung meist für eine kleine Lizenzsumme von Verlag zu Verlag übertragen, und wir erhalten von dieser kleinen Summe eine noch kleinere Beteiligung. Liegen die Rechte aber bei uns, können wir selbst entscheiden, zu welchen Konditionen wir sie einräumen wollen.

Diese Konditionen können sich durchaus an den Bedingungen einer neuen Übersetzung orientieren. Kann der Verlag nämlich die Rechte an der bestehenden Übersetzung nicht erwerben, muss er eine neue in Auftrag geben. Auch etwaige Überarbeitungen unseres Werks sollten zusätzlich honoriert werden. Weitere Informationen zur Verwertung nach Rückfall der Rechte haben wir zusammengefasst.

Auch bei der Abrechnung der VG Wort fällt es ins Gewicht, ob die Rechte an einer Übersetzung bei uns oder beim Verlag liegen. Wir sollten die VG Wort über die neue Rechtelage informieren.

Und wie genau erhalte ich meine Rechte zurück?

Bevorzugt sollten wir den Verlag mit einem freundlichen Schreiben um die Rückgabe der Rechte bitten. Das kann per Post oder Mail erfolgen. Rechtsanwalt Victor Struppler hat hierzu ein Musterschreiben entworfen: Musterbrief zur Rechterückgabe

Die Praxis lehrt, dass wir die Rechte in den meisten Fällen problemlos zurückbekommen.

Diese pragmatische Vorgehensweise empfiehlt sich auch aus Gründen der Rechtssicherheit: Wir erhalten eine offizielle Bestätigung des Verlags, dass wir wieder im Besitz unserer Rechte sind.

So einfach ist das?

In aller Regel ja. Aber es geht natürlich auch formeller, komplizierter und juristischer …

Grundsätzlich gibt uns das Gesetz die Möglichkeit, einseitig einen Rechterückruf zu erklären, ohne dass der Verlag ausdrücklich zustimmt. Dieser Rechterückruf greift nach § 41 Urheberrechtsgesetz, wenn der Verlag von seinem exklusiven Verwertungsrecht keinen Gebrauch (mehr) macht. Das ist frühestens zwei Jahre nach Ablieferung der Übersetzung möglich. In manchen Verträgen sind noch andere, längere Fristen festgehalten, diese sind jedoch seit Mitte 2021 unwirksam.

Wenn wir einseitig einen rechtlich wirksamen Rechterückruf erklären wollen, müssen wir den Verlag vorwarnen. Wir müssen ihm schriftlich mitteilen, dass er binnen einer angemessenen Nachfrist, die mehrere Monate betragen sollte, eine neue Auflage veranstalten muss. Wenn die Frist abläuft, der Verlag sich nicht dazu äußert und auch keine neue Auflage herausbringt, können wir in einem zweiten Schreiben den Rückruf erklären. Wenn wir dabei keinen Fehler gemacht haben, fallen die Rechte automatisch an uns zurück. Da wir aber keine Bestätigung vom Verlag haben, müssen wir den Vorgang sehr genau dokumentieren (Einschreiben, Aufbewahrung aller relevanten Belege und Kopien).

Musterbriefe für den Rechterückruf nach § 41 UrhG sind hier zu finden: Musterbrief Rechterückruf

Unter bestimmten Voraussetzungen können wir auch den Rücktritt vom Vertrag nach § 17 Verlagsgesetz erklären und so unsere Rechte zurückerlangen. Leider fallen in der Praxis nicht alle Übersetzungsverträge in den Anwendungsbereich des Verlagsgesetzes. Deshalb sollten wir uns vorher beraten lassen, ob ein solcher Rücktritt in unserem Fall überhaupt möglich ist. Ein Indiz für einen Verlagsvertrag liegt vor, wenn der Verlag sich im Übersetzungsvertrag dazu verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten. Wir dürfen außerdem nicht ausdrücklich auf dieses Rücktrittsrecht verzichtet haben.

Nach § 17 Verlagsgesetz ist der Verlag, der bereits eine Auflage veranstaltet hat, nicht verpflichtet, eine weitere Auflage herauszubringen. Wird keine Folgeauflage verbreitet, können wir vom Vertrag zurücktreten. Wir müssen zunächst eine Nachfrist setzen, bevor wir den Rücktritt erklären. Und auch hier müssen wir sehr genau darauf achten, alles zu dokumentieren (Einschreiben, Aufbewahrung aller relevanten Belege und Kopien).

Musterbriefe für den Rücktritt nach § 17 VerlG sind hier zu finden: Musterbrief Rücktritt vom Vertrag

In Konfliktsituationen kann es bei Rechterückruf nach § 41 UrhG und Rücktritt nach § 17 VerlG zu rechtlichen Komplikationen kommen. Im schlimmsten Fall kann ein erklärter Rechterückruf unwirksam sein. Die Vertrags- und Rechtsberatung des VdÜ hilft Mitgliedern hier vorab weiter.

Ausführlichere Informationen zum Rechterückruf finden sich auch in den Tipps zum Normvertrag.

(4.10.2022)